Vor 150 Jahren wurde in Frankenstein/ Schlesien unser Diakonissenmutterhaus gegründet. Seit 1946 ist es in Wertheim angesiedelt. Die Feier zum 137. Jahresfest fand aber im heutigen Ząbkowice Śląskie statt:
Auf dem Weg zur Versöhnung
Mit der Wende wurde ein Besuch der Schwesternschaft in der alten Heimat möglich. Kontakte wuchsen, so auch zu Jerzy Organisciak, Kreisrat des dortigen Landkreises und Autor, der über die Geschichte von Ząbkowice einschließlich der des Diakonissenmutterhauses schrieb, und der an der weiteren Entwicklung entscheidend mitwirkte. Am Lyzeum von Ząbkowice, wo das Mutterhaus einst das Tabeenstift -ein Waisenhaus für Mädchen- betrieb, wurde ein Ort des Gedenkens an die Arbeit der Diakonissen eingerichtet.
Aus Wertheim reiste eine 40-köpfige Delegation aus dem Mutterhaus, Kirche und Politik an. Unter großem Andrang von Kirchengemeinde, zahlreichen Schülern und Gästen aus dem öffentlichen Leben in Frankenstein wurde dann am Sonntag, dem 18. Mai 2003, die Gedenkstätte mit einem zweisprachigen Festgottesdienst eingeweiht. Bischof Richard Bogusz aus Breslau ging in seiner Festpredigt auch auf die schwierigen Jahre nach dem Krieg ein, in denen die Diakonissen gezwungen waren, Frankenstein zu verlassen und in Wertheim ihren Dienst an Bedürftigen aufnahmen. „Und bei uns hier in Schlesien hatte zuerst die stalinistische und später auch unsere einheimische Propaganda alles getan, um die Spuren des Deutschtums in den Westgebieten zu verwischen – auch jene besten Spuren -, die hier die Diakonissen des Mutterhauses Frankenstein hinterlassen haben. Heute leben wir in einem freien Land …vieles, was früher verfälscht dargestellt wurde, versucht man heute wahrheitsgetreu wiederzugeben. Das freut uns alle. Unsere Generation erhielt die Chance, die deutsch-polnischen Beziehungen friedlich zu gestalten, und dies ist ein Geschenk der Gnade Gottes.“
Der Text, der auf der Gedenkstätte in polnischer und deutscher Sprache angebracht ist, lautet: “In Erinnerung an die Diakonissen, die hier ihren Dienst 1866 zuerst an Kindern begonnen dann auch an Kranken und Alten bis 1946 ausgeübt haben, unter dem Leitspruch: Dienet Gott mit Freuden, Pslam 100,2“
Weitere Entwicklung
Aus diesem Anfang wächst bis heute viel: Die beiden Landkreise mit den Städten Ząbkowice und Wertheim haben im Wirtschaftsleben und im Bildungsbereich eine lebendige Partnerschaft aufgebaut. Mehrmals im Jahr reisen kleinere Abordnungen (z.B. des Mutterhauses), aber auch Gruppen auf Studienreise in beide Richtungen.
Viele Polen sind zu Freunden unseres Mutterhauses geworden. Jahrelang haben Lehrer mit Klassen des Lyzeums die Gedenkstätte gepflegt. Freiwillige kümmern sich bis heute darum und um die Gräber von Diakonissen auf dem Frankensteiner Friedhof.
Über das Diakonissenmutterhaus werden regelmäßig polnische Praktikanten in Wertheim ausgebildet. Die Schwestern fördern seit einigen Jahren begabte, aber bedürftige Schüler der Tadeusz-Kościuszko-Grundschule, die an das ehemalige Mutterhaus angrenzt, mit Stipendien. Die Schüler, ihre Eltern und Lehrer werden dabei von den Diakonissen zu einem Besuch in Wertheim eingeladen – gelebte Völkerverständigung.